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Digitaler Euro – Chancen, Risiken & Kosten im Überblick
Schon in wenigen Jahren will die EU den digitalen Euro auf den Weg bringen. Befürworter sehen darin mehr europäische Unabhängigkeit von US-Zahlungsriesen wie Visa, Mastercard oder PayPal. Doch am Konzept gibt es auch erheblichen Widerstand – vor allem wegen der immensen Kosten, Datenschutzfragen und der geplanten Nutzungsgrenzen.
Wie stark sich der Zahlungsverkehr verändert, zeigen aktuelle Zahlen der EZB: 2024 wurden in der Eurozone nur noch 52 % aller Einkäufe bar bezahlt – 2019 waren es noch 72 %. Besonders deutlich ist der Wandel in Deutschland: Hier sank der Anteil der Barzahlungen zwischen 2022 und 2024 um zehn Prozentpunkte auf 53 %. Und wenn noch bar bezahlt wird, handelt es sich meist nur noch um Kleinbeträge.
Warum die EZB den digitalen Euro vorantreibt
Vor diesem Hintergrund forciert die EZB ihr Digitalwährungsprojekt. Der digitale Euro soll das Zahlungssystem effizienter machen, die Abhängigkeit von US-Konzernen reduzieren, Kartengebühren für Händler senken und Banken verlorene Marktanteile zurückgeben. Regierungschefs und EU-Parlament wollen den endgültigen Rechtsrahmen zum Jahreswechsel 2025/2026 festlegen – der Start wird jedoch nicht vor 2029 erwartet.
Wie der digitale Euro funktioniert – echtes Zentralbankgeld
Der digitale Euro wäre Zentralbankgeld, also echtes Geld der EZB – genau wie Bargeld, nur in digitaler Form. Heute sind Kartenzahlungen lediglich Forderungen gegenüber Banken. Der digitale Euro würde dies ändern: Bürger könnten Zentralbankgeld direkt digital halten. Genutzt werden soll er per Smartphone-Wallet oder Karte, online und offline. Er ergänzt Bargeld, soll es aber nicht ersetzen.
Online- und Offline-Zahlungen – mit und ohne Datenübertragung
Der digitale Euro soll online und offline funktionieren. Offline-Zahlungen wären fast so anonym wie Bargeld: Keine Daten würden an Banken oder Behörden übermittelt. Online-Zahlungen erfordern dagegen Prüfungen zur Geldwäscheprävention. Die EZB betont, selbst keine personenbezogenen Zahlungsdaten zu speichern. Diese verbleiben wie heute bei Banken oder Zahlungsdienstleistern.
Warum Banken trotzdem notwendig bleiben
Obwohl der digitale Euro ohne Banken funktionieren könnte, bleibt deren Rolle bestehen. Das Aufladen des digitalen Wallets soll ausschließlich über eine Geschäftsbank erfolgen – per Guthabenübertrag oder am Geldautomaten. Das Guthaben wird nicht verzinst, um massive Kapitalabflüsse von den Banken zu verhindern.
Bezahlen im Alltag – sofortige Abwicklung ohne Zwischenbank
Im Geschäft würde das Handy wie gewohnt an das Terminal gehalten. Der entscheidende Unterschied: Der Händler bekommt das Geld sofort, da keine Bank zwischengeschaltet ist. Darüber hinausgehende Zahlungen sollen automatisch über das verknüpfte Girokonto ausgeglichen werden – selbst wenn kein Guthaben im Wallet vorhanden ist.
Warum der digitale Euro politisch so umstritten ist
Kritiker warnen, dass der digitale Euro bestehende europäische Zahlungssysteme verdrängen könnte. Banken arbeiten derzeit etwa an Wero, einem neuen europäischen Bezahlsystem. Ein starker digitaler Euro könnte dieses überflüssig machen. Zudem wird die geplante Obergrenze von ca. 3000 € als zu niedrig angesehen, um im Alltag attraktiv zu sein. Auch die doppelte Struktur mit Online- und Offline-Zahlungen sorgt für Diskussionen.
Warum Nicht-EU-Bürger kaum Zugang haben werden
Die Ausgabe des digitalen Euros soll ausschließlich über in Europa ansässige Banken erfolgen. Nutzer benötigen daher ein europäisches Konto. Für Nicht-EU-Bürger bedeutet das: Kein Zugang. Damit wird der digitale Euro auch keine Konkurrenz zu global verbreiteten Stablecoins wie Tether.
Datenschutz: mehr Privatsphäre als heute, aber keine Anonymität
Die EZB verspricht ein Höchstmaß an Datenschutz. Doch anonym – wie Bargeld – wird der digitale Euro nicht sein. Offline-Transaktionen kommen dem jedoch sehr nahe. Online-Zahlungen werden aus regulatorischen Gründen nie vollständig anonym funktionieren können. Positiv: Die EZB betont, keinerlei Bewegungsprofile oder Kontodaten zu speichern.
Was der digitale Euro kostet – und wer die Rechnung bezahlt
Für Verbraucher soll der digitale Euro kostenlos sein. Auch Händler sollen profitieren, da zentrale Infrastrukturkosten bei der EZB liegen. Diese kalkuliert mit 1,3 Mrd. € Entwicklungskosten und 320 Mio. € Betriebskosten pro Jahr. Die Kosten der Banken sind umstritten: PwC schätzt diese auf bis zu 30 Mrd. €, die EZB hingegen nur auf 4–6 Mrd. €. Angesichts von Bankengewinnen von knapp 200 Mrd. € jährlich gelten diese als tragbar.
Tipp: Jetzt schon Alternativen prüfen
Der digitale Euro wird vieles verändern – aber erst ab 2029. Wer heute schon Wert auf niedrige Kosten, Datenschutz und Kontrolle über die eigenen Zahlungen legt, sollte bestehende Zahlungssysteme und Bankmodelle vergleichen und prüfen, welche Lösungen langfristig stabil bleiben.
Fazit: Der digitale Euro kommt – aber mit offenen Fragen
Der digitale Euro kann das europäische Zahlungssystem unabhängiger, günstiger und moderner machen. Gleichzeitig sind zentrale Fragen zu Datenschutz, Guthabenobergrenze und Infrastrukturkosten noch nicht geklärt. Klar ist: Das Projekt wird den Alltag von Verbrauchern und Händlern verändern – aber langsam, schrittweise und nicht ohne politische Auseinandersetzungen.
FAQ: Häufige Fragen zum digitalen Euro
Ab wann kommt der digitale Euro?
Die EZB plant eine Einführung frühestens ab 2029, nachdem der Rechtsrahmen 2025/2026 definiert wurde.
Wird der digitale Euro Bargeld ersetzen?
Nein. Die EZB betont ausdrücklich, dass Bargeld erhalten bleibt. Der digitale Euro soll es nur ergänzen.
Wie sicher ist der digitale Euro?
Transaktionen sollen über EZB-Infrastruktur laufen. Offline-Zahlungen bieten fast Bargeld-Privatsphäre, online gelten reguläre Sicherheitsstandards zur Geldwäscheprävention.