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Steglitzer Kreisel – Bricht das Land Berlin sein Schweigen? Rückkauf erstmals offiziell als Option bestätigt
Jahrelang galt der Steglitzer Kreisel, eine der größten Bauruinen Berlins, als ein rein privatrechtliches Problem zwischen Investoren und Käufern. Das Land Berlin hielt sich – trotz der massiven städtebaulichen Auswirkungen – vollständig heraus.
Doch nun zeigt sich ein überraschender politischer Kurswechsel: Erstmals bestätigt die Senatskanzlei in einer Mail an den Käufer André Gaufer, dass ein Rückkauf des Hochhausprojekts „erwogen“ werde. Dies widerspricht klar der bisherigen Haltung des Senats und deutet auf eine spürbare Bewegung in der Landespolitik hin.
Hintergrund – Eine Bauruine im Herzen der Schloßstraße
Der Steglitzer Kreisel, ursprünglich ein Verwaltungshochhaus des Landes Berlin, sollte durch die Adler Group in Eigentumswohnungen umgebaut werden. Vertragsgemäß hätten die Wohnungen spätestens im Juni 2022 fertiggestellt werden müssen.
Stattdessen ist die 120 Meter hohe Baustelle seit Jahren weitgehend stillgelegt. Die Folge:
- städtebaulich untragbarer Dauerzustand mitten in Steglitz
- massive Verzögerungen für Käufer
- unklare Zukunft des gesamten Projekts
Der Bezirk zeigte sich zuletzt überrascht über Meldungen zu einem möglichen Rückkauf. Baustadtrat Patrick Steinhoff (CDU) wies entsprechende Gerüchte klar zurück: „Nein, nein, nein, nein, nein.“
Auch Public-Private-Partnership-Modelle seien „nicht in Planung“. Doch die vorliegende Mail der Senatskanzlei zeigt ein deutlich anderes Bild.
Was die Senatskanzlei schreibt – und warum das brisant ist
In einer E-Mail an Käufer André Gaufer heißt es:
„Der Regierende Bürgermeister und das Land Berlin sind an einer vernünftigen Lösung interessiert und hierfür wird auch die Option eines Rückkaufs erwogen. Entsprechende Gespräche werden geführt und verschiedene Optionen geprüft.“
Dieser Satz markiert eine klare Abkehr der bisherigen Position. Noch bis Anfang Oktober 2025 hatte der Senat schriftlich bestätigt, dass der Steglitzer Kreisel ein „privatrechtlicher Vorgang“ sei, für den das Land keine Verantwortung trage.
Warum die politische Bewegung genau jetzt kommt
Die neue Aussage folgt unmittelbar auf mehrere Eingaben Gaufers und seine direkte Ansprache des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner.
Wichtige zeitliche Schritte:
- 27. September 2025: Gaufer wendet sich ausführlich an Wegner → Hinweis auf Urteile, Verzögerungen, politische Verantwortung
- 2. Oktober 2025: Senatskanzlei bekräftigt erneut die „Privatrechts-Position“
- 18. November 2025: Gaufer spricht Wegner persönlich nach der Pressekonferenz in Zehlendorf an
- gleich am Nachmittag: erneute schriftliche Eingabe Gaufers an Wegner, inkl. Hinweise auf:
- entzogene Akteneinsicht (18 Stunden vor Termin)
- rechtskräftige Urteile gegen Adler Group
- Widersprüche im Verhalten der Adler Group
- Gefahr, dass Käuferrechte bei einem Landes-Rückkauf unterlaufen werden könnten
- 19. November 2025: Senatskanzlei antwortet – mit erstmals offener Rückkaufoption
Damit entsteht der deutliche Eindruck: Direkter politischer Druck entfaltet Wirkung.
Der Fall Gaufer – ein Käufer zwingt einen Konzern und die Politik in Bewegung
André Gaufer ist nicht irgendein Käufer. Seit 2018 kämpft er dafür, dass seine vertraglich zugesicherte Eigentumswohnung samt Tiefgaragenstellplatz erbaut und im Grundbuch gesichert wird.
Sein Weg:
- mehrere rechtskräftige Urteile gegen die Adler Group
- nachweisbare Verstöße und Widersprüche des Konzerns
- jahrelanges Durchhalten trotz Stillstand
- wiederholte Eingaben an Politik, Verwaltung und Gericht
Dass nun erstmals von „Rückkaufoptionen“ die Rede ist, zeigt: Der Kreisel ist längst kein privates Projekt mehr. Denn:
- Das Projekt liegt an einem zentralen Ort der City West
- Die Bauruine ist ein Problem für den gesamten Bezirk
- Berlin hatte das Hochhaus einst selbst verkauft – mit vertraglicher Fertigstellungsverpflichtung
- Käuferrechte stehen auf dem Spiel
- Politisches Vertrauen ist massiv belastet
Offene Fragen – Und warum ein Rückkauf für das Land riskant wäre
Ein Rückkauf wäre teuer und kompliziert. Das Land müsste:
- den Kaufpreis zahlen
- die jahrelang stillstehende Baustelle übernehmen
- Bausubstanz prüfen (Witterung, Schäden, Gutachten)
- entscheiden, ob:
- Wohnungen fertiggestellt oder
- Verwaltungsbüros wieder eingerichtet werden sollen
Auch könnte ein Rückkauf Käuferrechte berühren – ein Punkt, den Gaufer ausdrücklich problematisierte.
Neue Entwicklung: Die Akteneinsicht wird wieder gewährt
Gaufer hatte ursprünglich für den 13. November 2025 einen Termin zur Akteneinsicht. Dieser wurde 18 Stunden vorher überraschend entzogen. Nur einen Tag nach Gaufers Gespräch mit Wegner wurde die Akteneinsicht am 19. November 2025 erneut gewährt – diesmal durch die Gruppenleitung des Stadtentwicklungsamtes. Auch dieser Schritt fällt in dieselbe zeitliche Kette politischer Ereignisse.
Fazit: Der politische Stillstand ist vorbei – der Steglitzer Kreisel wird zur Chefsache
Zum ersten Mal seit Jahren bewegt sich die Landespolitik beim Steglitzer Kreisel. Die Mail der Senatskanzlei ist ein klares Signal: Die Option eines Rückkaufs wird geprüft – und damit steht das Land Berlin wieder in der Verantwortung. Die zeitliche Nähe zwischen Gaufers Interventionen und der politischen Reaktion zeigt deutlich: Beharrlichkeit wirkt. Die Bauruine am Kreisel ist längst mehr als ein privates Problem. Es geht um städtebauliche Verantwortung, Verbraucherschutz und um das Vertrauen, das Bürgerinnen und Bürger in die Politik setzen können.
FAQ
Bedeutet die Mail der Senatskanzlei, dass der Rückkauf des Steglitzer Kreisels schon beschlossen ist?
Nein. Ein Rückkauf ist noch nicht beschlossen, aber erstmals offiziell als Option bestätigt. Damit weicht das Land Berlin von seiner jahrelangen Linie ab, wonach es sich ausschließlich um privatrechtliche Angelegenheiten handle.
Warum ist der zeitliche Zusammenhang zwischen Gaufers Schreiben und der Senatsantwort relevant?
Weil die politische Bewertung erst nach mehrere Eingaben Gaufers und seine direkte Ansprache des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner geändert wurde.
Was würde ein Rückkauf des Steglitzer Kreisels für Berlin bedeuten?
Ein Rückkauf wäre teuer und komplex: Das Land müsste die Baustelle übernehmen, Bausubstanz prüfen, ein Nutzungskonzept entwickeln und gleichzeitig Käuferrechte sichern. Politisch wäre es ein deutliches Zeichen, dass Berlin Verantwortung für ein eigenes ehemaliges Landesobjekt wieder übernimmt.